I. In Russland wird über die Kündigung des Zwei-plus-Vier-Vertrags nachgedacht. ( siehe Bayerische Rundfunk )
Dass dies in den sozialen Medien in erheblichen Maße zu Angst und Schrecken führt, ist nachvollziehbar und kann schwerlich als irrelevante russische Kriegspropaganda oder AfD-Getue abgetan werden.
1. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag ist als Souveränitätsvertrag die internationale Grundlage für die Beendigung der Besatzungen in Deutschland durch die ehemaligen Besatzungsmächte Sowjetunion, USA, Frankreich und Großbritannien, und für deutsche Wiedervereinigung, ist aber auch eine Art Friedensvertrag; zumindest eine Art Versöhnungsvertrag:
„IN DEM BEWUSSTSEIN, daß ihre Volker seit 1945 miteinander in Frieden leben,
EINGEDENK der jüngsten historischen Veränderungen in Europa, die es ermöglichen, die Spaltung des Kontinents zu überwinden,
UNTER BERÜCKSICHTIGUNG der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes und der entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse der Vier Mächte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit,
ENTSCHLOSSEN, in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen,„
2. Selbstverständlich kann Russland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion den Vertrag kündigen. Zumindest das Vertragen ist dann formell beendet. Damit tritt zwar noch kein Kriegszustand ein, aber das friedliche Zusammenleben ist dann bis auf Weiteres erledigt.
Ob Russland aus der Kündigung Besatzungsrechte herleiten kann, ist rechtstheoretisch sicherlich spannend zu behandeln. Allerdings hat diese Frage zur Zeit keine praktische Relevanz. Wenn Russland die ( vermeintlichen ) Besatzungsrechte durchsetzen wollte, dann ginge dies ohnehin nur rein militärisch.
Dass Russland einen Krieg mit der NATO riskieren will, wird zwar von Seiten der Medien regelmäßig als gegenwärtig realistisches Schreckensszenario dargestellt, das mir allerdings als abwegige hiesige Kriegspropaganda erscheint. Wer würde mit dem Angriff auf das Baltikum lediglich die militärische US-Amerikanische Präsenz und das Engagement in Europa erhöhen. Die Chancen einen derartigen Krieg zu gewinnen, wäre auch gering.
Das Szenario ist erst realistisch denkbar, wenn der große Pazifik-Krieg entbrannt ist und die US-amerikanischen Kräfte dort eingebunden sind. Dann ist die Gefahr, dass Putin-Russland den Durchmarsch auch mit Hilfe atomarer Waffen bis zum Atlantik macht, sehr hoch. Es ist absehbar, dass er mit atomaren Hyperschallraketen die militärischen Einrichtungen im Baltikum, in Ukraine und in Polen beseitigen wird und dann mit seinen Einheiten durchbrechen wird. Ich sehe kein Szenario, dass er jetzt oder in die nächsten Jahre in Deutschland aufgehalten werden würde. In Deutschlands Bevölkerung gibt es derzeit keinen Verteidigungswillen und auch keine Verteidigungsinfrastruktur. Das einzige, was ihn hindern könnte, das wäre die eigene logistische Unfähigkeit, die Fläche militärisch zu erschließen.
3. Ich halte die Kündigung des Zwei-plus-Vier-Vertrags durch Russland in nächster Zeit für unwahrscheinlich.
Gemäßigte und pragmatische Politiker in Russland können in der Kündigung keinen Sinn und ein noch frostigeres Klima nur negativ sehen.
Die strategischen Hardliner dürften in der Kündigung keine Vorteile, aber die strategischen Nachteile sehen. Bislang bemüht sich Russland, den Westen als Aggressor darzustellen. Seine Argumentation ist auch nicht völlig unplausibel und findet hinreichend Zuspruch in der UN-Generalversammlung, in Teilen der Bevölkerung und bei einigen Parteien; zumal auch die Kriegsrhetorik von Baerbock, Strack-Zimmermann, Johnson, u.a., die dubiosen Sprengungen der Northstream und die wirtschaftlichen Folgen der einseitigen Sanktionspolitik Putin voll in die Hände spielen.
Wenn Russland den Zwei-plus-Vier-Vertrag kündigen würde, dann hätte es gegenüber Deutschland den „Friedensvertrag“ gekündigt. Daraus können die hiesigen Kriegstreiber wunderbar zur Aufrüstung des eigenen Landes, der Ukraine und Polen und für eine umfangreiche Wehrpflicht nutzen. Sollte Russland den Krieg gegen die NATO wollen, dann würde es sich einen diplomatischen Bärendienst leisten, wenn es durch die Kündigung einen Anlass zur Aufrüstung liefern würde.
II. Das immer feindlichere Klima zwischen den Staaten des Westens und Russland und China ist erschreckend. Es erinnert an die Zeit vor dem sog. Ersten Weltkrieg, als die damaligen Supermächte, das Deutsche Reich und das Habsburger Reich und ihre Bevölkerungen sich immer weiter in die Kriegslust hineinsteigerten bis „endlich“ ein ( nichtiger ) Anlass für den großen Knall sorgte. Die Katastrophe nahm ihren Lauf.